Der Kederbacher

Eine der berühmtesten Persönlichkeiten im Bergsteigerdorf Ramsau ist der Bergführer Johann Grill, genannt der Kederbacher.  Er wurde am 22. Oktober 1835 in Ramsau geboren und ist im Kederbachlehen aufgewachsen. Wie auch heute noch im Talkessel üblich, richtet sich der Rufname oftmals nach dem Bauernanwesen. Der junge Kederbacher verdiente sich sein täglich Brot als Kühbub, Holzknecht, Schachtelmacher und Treiber bei den königlichen Hofjagden im Gebirge. Damals fiel er schon einem königlichen Jagdgast „wegen seiner Gewandtheit im Gebirg“ auf. Bereits mit 17 Jahren bezwang er zusammen mit seinem Nachbarn und Freund Johann Punz, genannt „Preißei“, der später ebenfalls Bergführer wurde, als erster den kleinen Watzmann. Zahlreiche Erstbesteigungen in unserem Gebiet geben Zeugnis vom Tatendrang Kederbachers: Großes und Kleines Palfelhorn, Großes und Kleines Teufelshorn, Überschreitung der drei Watzmannspitzen, Watzmann-Mittelspitze vom Kar aus, Gratüberkletterung von der Hocheisspitze zum Hochkalter, Anstieg vom Blaueisgletscher zum Hochkalter. Seine wohl größte alpinistische Leistung vollbrachte er mit der Erstdurchsteigung der berühmten Watzmann-Ostwand am 6. Juni 1881, der höchsten Wand der Ostalpen mit ca. 1.800 m Wandhöhe, zusammen mit seinem Wiener Gast Otto Schück. Die Route, der Kederbacher Weg, ist bis heute der Klassiker der Watzmann-Ostwand. Der Kederbacher war erster autorisierter Bergführer Deutschlands. („Kederbacher zählt nicht nur zu den besten deutschen Führern, sondern zu den ersten Alpenführern aller Zeiten, seine alpinen Leistungen und seine persönlichen Eigenschaften seien ein leuchtendes Vorbild für die Führerschaft.“, Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1914, S. 192-196).

Dem Watzmann, der ja praktisch „seiner Haustüre“ gegenüberstand, war der Kederbacher sehr verbunden. Er bestieg ihn unzählige Male, von 1888 bis 1905 war er der Hüttenwirt des neuerbauten Watzmannhauses. Danach pachtete sein Sohn Johann das Haus bis 1911. Mit 60 Jahren durchstieg er das letzte Mal „seine Ostwand“ und noch mit 80 Jahren stand er auf dem Watzmann-Hocheck. Als Bergführer bekannt und beliebt, war der Kederbacher auch auf anderen Bergen im Berchtesgadener Talkessel, im gesamten Ostalpenraum und in den Westalpen wie zu Hause. Viele hohe Gipfel, wie Pflerscher Tribulaun, Großer Ödstein, Ortler und Königspitze, Monte Rosa, Wetterhorn, Schreckhorn, Dom, Lyskamm, Jungfrau, Matterhorn und Finsteraarhorn, Weißhorn, Eiger, Dent Blanche, Montblanc, Aiguille Verte und andere, bestieg er mit seinen „Herren“, den damaligen Bergtouristen, als Erstbesteiger oder auf einer Wiederholungstour.

Johann Grill, der Kederbacher, verstarb am 14.01.1917 und wurde auf dem Ramsauer Friedhof begraben. Zum 100-jährigen Jubiläum der Erstdurchsteigung der Watzmann-Ostwand wurde dem Kederbacher von der Gemeinde Ramsau ein Denkmal am Haus des Gastes in Form eines Felsblocks mit Brunnen und obenstehender Bronzeplastik gesetzt. Daneben sieht man auf einem Wegweiser die Himmelsrichtungen und Jahreszahlen vieler Erstbesteigungen.

 

 
Johann Grill, der Kederbacher (1835 – 1917) Bild: Porträt von Ludwig GanghoferJohann Grill, der Kederbacher (1835 – 1917)
Bild: Porträt von Ludwig Ganghofer
Historisches BergführerabzeichenHistorisches Bergführerabzeichen
 
 
© TI, Georg Grainer,  Richtungsweiser ErstbesteigungenRichtungsweiser Erstbesteigungen
© TI, Georg Grainer, KederbacherdenkmalKederbacherdenkmal
© TI, Georg Grainer, GrabkreuzGrabkreuz