Bergsteiger – Bergführer – Bergwachtmann – Hüttenwirt
„Der Kletterer vom Kreisel-Köpfl“
am Ortseingang zum Bergsteigerdorf Ramsau
Wie alles begann:
Raphael Hang, genannt „Raphe“, entdeckte schon als Jugendlicher seine Leidenschaft für die Berge. Im Alter von 17 Jahren zog er von Freising in die Ramsau, wo er 1922 als Schuster eine Arbeit fand. Fortan verbrachte er seine Freizeit in den Bergen und verdiente sich als Hüttenträger etwas hinzu.
Der Bergsteiger und Kletterer:
Bereits in den Anfangsjahren gelangen ihm, teils mit Freunden, zahlreiche Erstbegehungen in den obersten Schwierigkeitsgraden. Viele seiner Touren legte er barfuß zurück, weil er glaubte, so besseren Kontakt zum Fels zu haben. Beispiele sind:
1924 Steinberg-Blaueis-Nordgrat-Hochkalter-Hocheis-Kammerlinghorn, als erste vollständige Gratüberschreitung im Alleingang
1925 Hochkalter, gerade Nordwand im Alleingang
1927 Hoher Göll, Trichterweg, Variante mit waagrechter Querung in den Trichter
1930 Pflughörndl, Südkante
1930 Kleines Palfelhorn, Nordgrat
1932 Blaueis-Nordgrat-Blaueis-Umrahmung, als erste Winterbegehung
Der Blaueis-Hüttenwirt:
Bald wurde die Sektion Hochland des Deutschen Alpenvereins (DAV) auf den begeisterten Bergsteiger und Kletterer aufmerksam. Man bat ihn, die 1922 als Selbstversorgerhütte am Fuße des Blaueisgletschers errichtete Bergsteigerunterkunft an den Wochenenden zu betreuen. Ab 1928 wurde die Hütte den ganzen Sommer bewirtschaftet und Hang wurde der erste Hüttenwirt. Das Gebiet erfuhr einen so großen Ansturm von Bergsteigern und Kletterern, dass die Hütte 1937 und nochmals 1952 erweitert und umgebaut werden musste. 1938 heiratete Raphe seine Ehefrau Epiphanie, die fortan mit ihm die Hütte versorgte. Im Dezember 1955 zerstörte eine heftige Staublawine die Alte Blaueishütte. Raphe zögerte nicht und errichtete mit vielen Helfern eine bescheidene kleine Hütte, in der er den Bergsteigerstützpunkt notdürftig weiter betreute. Einen größeren Ersatzbau konnte die Sektion Hochland finanziell nicht stemmen und so übernahm schließlich 1959 die Sektion Berchtesgaden das Gebiet und veranlasste den Bau der heutigen Blaueishütte. Mit seiner Frau Epiphanie blieb Raphe noch bis 1978, also insgesamt 50 Jahre, am „Blaueis“. Sein Sohn Rapherl übernahm 1976 mit seiner Frau Brigitte die Hütte, die heute in 3. Generation vom Enkel Rapherl jun. mit Ehefrau Regina bewirtschaftet wird.
Der Skilehrer:
Während der Wintermonate betätigte er sich im Tal als Skilehrer und gründete bereits 1934 die erste Skischule in der Ramsau. Über viele Jahre lernte er Schulkindern und Kurgästen das Skifahren und bereicherte mit seinem Ski- und Rodelverleih das örtliche Angebot. Jahrzehnte lang war er Mitglied, später Ehrenmitglied, im Ski Klub Ramsau.
Der Bergführer:
1937 legte er die Bergführerprüfung ab und erwarb sich auf vielen Führungstouren einen ausgezeichneten Ruf. Bis ins hohe Alter blieb er seinem Beruf treu und führte noch mit 70 Jahren eine Tour auf die höchsten Berge Mexikos, die er zuvor noch nie gesehen hatte. „A Nosn muaßt hobn füa de Berg“, war einer seiner Leitsprüche, auf den er sich immer verlassen konnte.
Der Bergwachtmann:
Bereits 1924 wurde Hang Mitglied der Alpinen Rettungsstelle. Von 1943 bis 1959 leitete er die Bergwachtbereitschaft Ramsau. Helfen war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Für seine ungewöhnlich zahlreichen, mutigen Rettungen, bei denen er oft selbst in Lebensgefahr schwebte, erhielt er 1938 das »Grüne Kreuz«, 1939 die Rettungsmedaille und 1969 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Der Bergmensch:
Die Berge waren seine Heimat. Sie brachten ihm viel Freude, verlangten aber auch Verantwortung und die Überwindung vieler Hindernisse. Er war ein exzellenter Bergsteiger und Kletterer, der sich in seinem ganzen Leben allen Herausforderungen gestellt hat. So sagte er selbst:
„Es ist schon der Mühe wert, für die Berge zu leben.“
Raphael Hang verstarb am 6. Juni 1990. Sein Grab befindet sich im Bergfriedhof in Ramsau. Bei der Gestaltung des Kreisverkehrs am Ortseingang zum Bergsteigerdorf Ramsau war es der „Raphe“, dessen Foto als Vorlage diente. Der junge Ramsauer Bildhauer Kian Bartels fertigte aus Rohholz die Figur „Der Kreiselkletterer“.
Eine der berühmtesten Persönlichkeiten im Bergsteigerdorf Ramsau ist der Bergführer Johann Grill, genannt der Kederbacher. Er wurde am 22. Oktober 1835 in Ramsau geboren und ist im Kederbachlehen aufgewachsen. Wie auch heute noch im Talkessel üblich, richtet sich der Rufname oftmals nach dem Bauernanwesen. Der junge Kederbacher verdiente sich sein täglich Brot als Kühbub, Holzknecht, Schachtelmacher und Treiber bei den königlichen Hofjagden im Gebirge. Damals fiel er schon einem königlichen Jagdgast „wegen seiner Gewandtheit im Gebirg“ auf. Bereits mit 17 Jahren bezwang er zusammen mit seinem Nachbarn und Freund Johann Punz, genannt „Preißei“, der später ebenfalls Bergführer wurde, als erster den kleinen Watzmann.
Zahlreiche Erstbesteigungen in unserem Gebiet geben Zeugnis vom Tatendrang Kederbachers: Großes und Kleines Palfelhorn, Großes und Kleines Teufelshorn, Überschreitung der drei Watzmannspitzen, Watzmann-Mittelspitze vom Kar aus, Gratüberkletterung von der Hocheisspitze zum Hochkalter, Anstieg vom Blaueisgletscher zum Hochkalter.
Seine wohl größte alpinistische Leistung vollbrachte er mit der Erstdurchsteigung der berühmten Watzmann-Ostwand am 6. Juni 1881, der höchsten Wand der Ostalpen mit ca. 1.800 m Wandhöhe, zusammen mit seinem Wiener Gast Otto Schück. Die Route, der Kederbacher Weg, ist bis heute der Klassiker der Watzmann-Ostwand.
Der Kederbacher war erster autorisierter Bergführer Deutschlands. („Kederbacher zählt nicht nur zu den besten deutschen Führern, sondern zu den ersten Alpenführern aller Zeiten, seine alpinen Leistungen und seine persönlichen Eigenschaften seien ein leuchtendes Vorbild für die Führerschaft.“, Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1914, S. 192-196).
Dem Watzmann, der ja praktisch „seiner Haustüre“ gegenüberstand, war der Kederbacher sehr verbunden. Er bestieg ihn unzählige Male, von 1888 bis 1905 war er der Hüttenwirt des neuerbauten Watzmannhauses. Danach pachtete sein Sohn Johann das Haus bis 1911. Mit 60 Jahren durchstieg er das letzte Mal „seine Ostwand“ und noch mit 80 Jahren stand er auf dem Watzmann-Hocheck.
Als Bergführer bekannt und beliebt, war der Kederbacher auch auf anderen Bergen im Berchtesgadener Talkessel, im gesamten Ostalpenraum und in den Westalpen wie zu Hause. Viele hohe Gipfel, wie Pflerscher Tribulaun, Großer Ödstein, Ortler und Königspitze, Monte Rosa, Wetterhorn, Schreckhorn, Dom, Lyskamm, Jungfrau, Matterhorn und Finsteraarhorn, Weißhorn, Eiger, Dent Blanche, Montblanc, Aiguille Verte und andere, bestieg er mit seinen „Herren“, den damaligen Bergtouristen, als Erstbesteiger oder auf einer Wiederholungstour.
Johann Grill, der Kederbacher, verstarb am 14.01.1917 und wurde auf dem Ramsauer Friedhof begraben.
Zum 100-jährigen Jubiläum der Erstdurchsteigung der Watzmann-Ostwand wurde dem Kederbacher von der Gemeinde Ramsau ein Denkmal am Haus des Gastes in Form eines Felsblocks mit Brunnen und obenstehender Bronzeplastik gesetzt. Daneben sieht man auf einem Wegweiser die Himmelsrichtungen und Jahreszahlen vieler Erstbesteigungen.
Richtungsweiser Erstbesteigungen
Kederbacherdenkmal
Grabkreuz
Hermann Buhl – Bergführer und Extrembergsteiger
Einer der legendärsten Bergsteiger aller Zeiten, dem über 50 Erstbegehungen in den Westalpen gelangen.
Auszug aus seinem Tourenbuch:
1947 Erstbegehung »Buhl-Dach« an der Rofanspitze (2259 m), eine seiner frühen Erstbegehung
1951 Erste Winteralleinbegehung des Großen Mühlsturzhorn über die Südkante (2.235 m)
1952 Erste Alleinbegehung der Nordostwand der Piz Badile im VI Schwierigkeitsgrad (3.308 m)
1953 Erste Winteralleinbegehung der Watzmann-Ostwand (2.713 m) über den »Salzburger Weg«
1954 Alleinbegehung der Schärtenspitze über den Westgrat (2.153 m)
1954 Alleinbegehung der Westwand des Hohen Gölls (2.522 m)
1957 Erstbegehung der Nordwand des Langkofel-Campanile im VI Schwierigkeitsgrad (2.844 m)
Berühmt wurde Buhl vor allem durch seine Erstbesteigungen von zwei Achttausendern im Himalaya:
1953 Nanga Parbat (8.126 m) im Alleingang
1957 Broad Peak (8.047 m) im alpinen Stil gemeinsam mit der Seilschaft Kurt Diemberger, Marcus Schmuck und Fritz Wintersteller
Der junge Innsbrucker Hermann Buhl war außer in den alpinen Bergsteigerkreisen noch ganz unbekannt, als er im Winter 1950 zum ersten Mal die Ramsau besuchte. Er kam auf Langlaufskiern die 50 km aus dem österreichischen Hinterthal über den Hirschbichl gelaufen, um einen Ramsauer Kriegskameraden zu besuchen. Er fragte eine junge Frau nach dem Weg dorthin, noch nicht ahnend, dass er ihretwegen noch unzählige Male auf Skiern und per Fahrrad diese Strecke zurücklegen würde. Generl, so hieß die junge Ramsauerin, in die er sich auf den ersten Blick verliebt hatte, wurde ein Jahr später in der Dorfkirche seine Frau. In der Ramsau hatte der Tiroler Hermann Buhl die Liebe seines Lebens gefunden, das Dorf sollte später seine Wahlheimat werden.
Durch seine spektakuläre Erstbesteigung des 8125 m hohen Nanga Parbat, des deutschen Schicksalsberges, im Alleingang und ohne Sauerstoff im Juli 1953 wurde der Innsbrucker weltberühmt. Er galt als der Bergsteiger der 50er Jahre, ein „Rock“-Star, ein Held, der auf seinen Vortragsreisen im In- und Ausland für volle Säle sorgte. Wenn er diesem Trubel um ihn herum für ein paar Tage entrinnen wollte, zog er sich zur Erholung mit seiner jungen Familie in das Elternhaus seiner Frau nach Ramsau zurück, wo er in die Kletterschuhe stieg und die steilsten Wände der Berchtesgadener Berge durchkletterte.
Bereits vor seiner Nanga Parbat-Erstbesteigung hatte er im Februar 1953 als „Himalaya“-Training, wie er sagte, die tief verschneite Watzmann-Ostwand allein und bei Nacht auf dem schwierigen Salzburger Weg durchstiegen, was vor ihm noch keiner gewagt hatte.
Vier Jahre nach dem Nanga Parbat im Juni 1957 stand Buhl zum zweiten Mal auf einem Achttausender, auf dem 8047 m hohen Broad Peak im Karakorum (westliches Himalaya), zusammen mit 3 Salzburgern. Außer ihm hat es nur Kurt Diemberger geschafft, zwei Achttausender erstzubesteigen. Nach diesem Gipfelerfolg hatten Buhl und Diemberger noch Lust auf eine reine „Vergnügungstour“, auf einen der benachbarten Siebentausender. Die beiden entschieden sich für die 7654 m hohe Chogolisa. Im Alpin-Stil, ohne Träger und Fixseile, näherten sich die beiden Bergsteiger dem höchsten Punkt, als ihnen ein plötzlich einsetzender Schneesturm 300 m unterhalb des Gipfels jegliche Sicht nahm und sie zum Umkehren zwang.
„Wir müssen zurück“, schrie Buhl zu Diemberger hinunter, „der Sturm verweht uns die Spuren!“ Nur die tiefen Pickellöcher vom Anstieg hatten sich im Schnee noch gehalten, von der Fußspur war fast nichts mehr zu sehen. Ein einziger Schritt zu nahe am Wechtenrand wurde Buhl zum Verhängnis. Seine Spur endete hier. Die Wechte brach ab und mit ihr stürzte er in die Tiefe. Dort liegt er im Baltorogletscher, seinem eisigen Grab, ein zum Stillstand gekommener Solitär.
Hermann Buhl hinterließ 1957 seine junge Frau und drei Töchter.
Seinen Traum, sich in Ramsau mit seiner Frau eine Existenz aufzubauen, konnte er sich selbst nicht mehr erfüllen. Aber Generl Buhl verwirklichte als Witwe diesen gemeinsam mit ihrem Mann geträumten Plan und baute sich eine Gästepension, das „Haus Hermann Buhl“.
Auf dem alten Friedhof erinnert eine Gedenkplatte an den weltbekannten Extrembergsteiger, der in Ramsau seine Wahlheimat fand.
Auf dem alten Friedhof erinnert eine Gedenkplatte an den berühmten Bergsteiger, der in Ramsau seine Wahlheimat fand.
Die Gemeinde Ramsau stiftete im Jahre 2003 zum 50-jährigen Jubiläum der Nanga Parbat Erstbesteigung im Alleingang durch Hermann Buhl am 3. Juli 1953 einen Gedenkstein, der zum 100. Geburtstag Buhls auf den Dorfplatz am Mesnerhaus (Im Tal 78) versetzt wurde.
„Mein Vater Hermann Buhl“
Der Ausnahmebergsteiger –
ein autobiographischer Roman über die Höhen und Tiefen einer Bergsteigerfamilie
Rechtzeitig zum Jubiläum wurden zwei Filme fertiggestellt:
„Buhl – über alle Gipfel hinaus“, Regisseur Werner Bertolan, Mediathek des österr. Senders Servus TV
„Mit Simon Messner auf Hermann Buhls Spuren“, von Tom Dauer, BR-Reihe „Bergauf Bergab“, ARD-Mediathek
Film-Crew „Buhl – über alle Gipfel“
v.l. 2.Bgm. Rudi Fendt, Tochter Kriemhild Buhl, Extremkletterer Alexander Huber (Erzähler), Tochter Silvia Buhl, Regisseur Werner Bertolan, Hauptdarsteller Vitus Auer (Hermann Buhl), Sarah Engl (Fan), Alena von Aufschnaiter (Generl Buhl), Hans Hornberger (Kamera), Petra Tartarotti (Albolina Film GmbH, Bozen) und Martin Haselmayer (Kamera)
Die neueste Attraktion bietet die App zum interaktiven Erlebnisweg
„Bergsteigerlegenden und Naturerlebnisse“:
Begleite den ehemaligen Ramsauer Bergführer Johann Grill (Erstdurchsteigung Watzmann-Ostwand in 1881) und die Bergsteigerin Rose von Rosthorn-Friedmann (die 1896 als erste Frau die Watzmann-Ostwand durchstiegen hat) auf ihrer Exkursion auf den Toten Mann. In neun Stationen erzählen die beiden Bergsteigerlegenden Erstaunliches, Wissenswertes und Beeindruckendes über die Berchtesgadener Berge, Bergsteigerlegenden und Naturerlebnisse.
Infoflyer zum Erlebnisweg
Station Nr. 1 bereits von zu Hause aus erleben – Hol dir die Locandy-App
Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten und den Europäischen Landwirtschaftsfonds
für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)